Vom Himmel hoch …

Die Brüder Clemens und Constantin Naschitz sind bereit dafür, ihre Drohnen mit Pflanzenschutzmitteln aufsteigen zu lassen. Noch fehlt ihrer Firma Agrarfly aber die Starterlaubnis für den Sprüheinsatz mit Agrarchemie.

„Das ist unsere Nische.“ Dieser Gedanken schoss dem jungen Wiener Clemens Naschitz durch den Kopf, als er 2018 beobachtete, wie sich ein Weingartentraktor quälend langsam mit seiner Spritze über den steilen südsteirischen Hang hinaufgekämpft hat. Mit Drohnen geht das schneller und ungefährlicher, war sich der Kameramann ohne landwirtschaftlichen Bezug, aber auf der Suche nach beruflicher Neuorientierung, sicher. Ein Jahr darauf waren Bruder Constantin von der Vision überzeugt, eine Flugausbildung in der Schweiz absolviert, eine erste Drohne gekauft und ein Start Up-Unternehmen gegründet. Nur einfach so losstarten war für die jungen Enthusiasten in Österreich nicht machbar. „Denn das Abwerfen von Dingen, noch dazu von Gefahrstoffen, ist grundsätzlich verboten“, erinnert sich Naschitz. Ausnahmen sind aber möglich.

Neben der technischen Weiterentwicklung von Systemen, die eine zielgerichtete Ausbringung erlauben, mussten sich die Brüder also mit der komplexen Rechtslage in den einzelnen Bundesländern beschäftigen. „Unsere Mission ist es geworden, eine Teillegalisierung des Luftabwurfs von Pestiziden zu erreichen“, sagt Constantin Naschitz. Dabei sind die beiden Pioniere schon ziemlich weit gekommen. „Die Austro Control kennt und vertraut uns mittlerweile. Wir dürfen zum Beispiel Granulat gegen Gelsen, Gesteinsmehl oder Mikroorganismen ausbringen.“ Besonders viel Nachfrage herrscht bei biodynamischen Präparaten wie Hornkiesel, Kompostteea uns fermentierten Humusstoffen. Die Herausforderung ist dabei die geringe Menge von nur fünf Liter Flüssigkeit pro Hektar.

Was man braucht, um eine Genehmigung zu bekommen, sei zum größten Betriebsgeheimnis geworden, meint Naschitz. „Wir haben auch schon wissenschaftlich begleitete Feldversuche zum Sprüheinsatz gemacht, mit denen wir die richtige Benetzung der Pflanzen belegen können.“ Spritzbrühe darf es dennoch keine regnen. Denn in Österreich gibt es im Augenblick keinen Pflanzenschutzmittelhersteller, der um eine Luftabwurfgenehmigung für eines seiner Produkte angesucht hat. In der Praxis können solche Arbeiten also weiterhin zum Beispiel nur in der Schweiz oder in Deutschland beobachtet werden, wo das Spritzen vom Helikopter oder von der Drohne aus in manchen Gegenden gängige Praxis ist.

Mit Problemen wie diesen braucht sich Robert Gebauer nicht herumschlagen. Er arbeitet bei der Raiffeisen Ware Austria und betreut dort seit Jahren das Projekt zur Ausbringung von Trichogramma, also Schlupfwespen, per Luftfracht. Diese werden in Kugeln verpackt abgeworfen und parasitieren dann die Larven des gefürchteten Maiszünslers. Mit 4.000 Hektar Einsatzfläche zählt diese biologische Schädlingsbekämpfung mittlerweile zum Standardangebot der Lagerhäuser. „Wir befliegen zehn Hektar pro Stunde und bringen dabei hundert Kugeln pro Hektar in einem definierten Raster aus“, erzählt Gebauer. Die Route bereitet er dabei im Büro vor. Am Acker geht es hauptsächlich darum, das Fluggerät zu beobachten und im Notfall einzugreifen, falls unvorhergesehene Situationen eintreten. Die Hauptkunden sind Maisvermehrer, bei denen sich ein Zünslerbefall aufgrund des hohen Produktpreises noch dramatischer auswirken würde. Knicken die Pflanzen um und sind deshalb ungleich hoch, wird es zudem schwieriger die männlichen Blütenstände mechanisch zu entfahnen.

Der Ackerbau ist auch für Clemens und Constantin Naschitz ein Hoffnungsfeld. „Wenn eine Infektion droht, es aber zu nass zum Hineinfahren ist, sind unsere Drohnen optimal“, meinen sie. Mit einer Pauschale von rund 50 Euro pro Hektar erachten sich die Jungunternehmer auch als preislich konkurrenzfähig. In Weingärten mit längeren Flugstrecken sind, je nach Gesamtfläche ab 75 Euro zu veranschlagen. „Dafür sind wir bei derselben Wirksamkeit aber sechs bis sieben Mal schneller“, so Constantin Naschitz. Gearbeitet wird dabei mit weniger Wasser als im herkömmlichen Einsatz mit dem Traktor. Der aktuell verbaute Tank fasst 17 Liter. Die Drohen kehren immer wieder zu einem Stützpunkt am Rand des Schlages zurück, um frische Flüssigkeit aufzunehmen und im Bedarfsfall den Akku zu tauschen.

Dass einige innovative Unternehmen wie Agrarfly bereitstünden, wenn es die entsprechenden Genehmigungen dafür gibt, bestätigt auch Robert Gebauer: „Man muss die Drohnen nur noch befüllen und losfliegen.“ Auch Konzepte wie die Kombination von Multispektral-Luftbildkameras zur Beurteilung der Bestände und einer anschließenden Ausbringung von Betriebsmitteln sind bereits entwickelt und einsatzbereit. Die Digitalisierung schreitet dabei auch bei der Auswertung der Daten in Siebenmeilenschritten voran, ebenso wie die Entwicklung von Drohnen, die immer leichter, einfacher zu bedienen und kostengünstiger zu haben sind. „Großes Potential ist zweifelslos vorhanden“, so Gebauer, „es kann durchaus sein, dass eine Drohne in einigen Jahren ebenso zu einem Bauernhof dazugehört wie heute ein Traktor.“

Die Gebrüder Naschitz sind einstweilen auf der Suche nach einem Partner, der letzte Tests auszufinanzieren hilft und sich um die Zulassung der Mittel bemüht. „Wenn man im Rahmen der Farm to Fork-Strategie will, dass Pestizide zielgerichteter und in geringeren Mengen ausgebracht werden, dann muss man auch innovative Lösungen zulassen“, hofft Clemens Naschitz auf einen baldigen Durchbruch. In der Steiermark und in Kärnten, wo die Rebflächen oft besonders steil sind, sei der Bedarf jedenfalls groß. Fad wird den Entwicklern allerdings auch ohne Pflanzenschutzaufträge nicht. Neben der Ausbringung von Hilfsstoffen sind bereits wieder große Flächen zur Mückenbekämpfung gebucht. In den nächsten Wochen startet auch den ersten Versuch zur Besprühung von Glashäusern als Hitzeschutz im Hochsommer. „Dafür wird bisher per Hand Sprühkreide oder Kalk aufgebracht. Wir sind uns sicher, dass wir das auch effizienter können.“

www.agrarfly.com

www.onfarming.at

 

 

 

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