„Schreiende Pflanzen“ vor EU-Patentamt
Ein aktuell erteiltes Patent zeige: Das Europäische Patentamt (EPA) lässt sogar zufällige genetische Variationen, wie sie etwa durch bloße Sonneneinstrahlung ausgelöst werden, als „technische Erfindung“ gelten. Mit einer Protestaktion vor dem EPA in München macht ARCHE NOAH jetzt mit dem internationalen Bündnis „No Patents on Seeds“ auf diese Entwicklung aufmerksam. Konzerne melden Patente auf tausende Genvarianten an, wie das Bündnis in einem heute veröffentlichen Bericht belege. Solche Patente schaffen enorme rechtliche Unsicherheiten und könnten die herkömmliche Pflanzenzüchtung blockieren. Arche Noah fordert die Politik auf, derartige Patente zu stoppen, um die Gefahr für unsere Ernährungssicherheit abzuwenden.
Der vorgelegte Bericht gibt einen Überblick über kürzlich gestellte Anträge, erteilte Patente und die rechtliche Situation zu Patenten auf herkömmlich gezüchtete Pflanzen. Solche Patente seien verboten, aber Konzerne fänden immer wieder neue Lücken: Nun sollen sogar tausende Genvarianten von Pflanzen wie Soja, Mais, Kartoffeln oder Tomaten patentiert werden. Betroffen seien beispielsweise Genvarianten, die Pflanzen resistent gegen Krankheiten machen könnten. Der Bericht wird heute dem EPA übergeben.
„Solche Patentanträge auf tausende Genvarianten schaffen enorme Unsicherheiten. Züchter können Pflanzen nicht mehr an die Klimakrise anpassen oder mit Resistenzen gegen Krankheiten ausstatten, ohne Angst haben zu müssen, Patente zu verletzen. Diese Patente blockieren den Zugang zu biologischer Vielfalt und bedrohen die mittelständischen Züchter. Wenn nur mehr Konzerne züchten können, bestimmen die, was auf unseren Feldern wächst und auf unseren Tellern liegt“, so Dagmar Urban, Leiterin des Bereichs Politik bei Arche Noah vor Ort in München.
Im Mittelpunkt steht ein aktueller Fall: Das Patent EP3560330 der Firma KWS betrifft Mais mit einer verbesserten Verdaulichkeit. Beansprucht werden Pflanzen mit zufällig veränderten Genen und deren Ernte. Das erteilte Patent umfasst die Verwendung von natürlich vorkommenden Genvarianten für die konventionelle Züchtung. Weitere Beispiele aus dem Bericht sind etwa Anträge von Syngenta/ChemChina, in denen tausende von Genvarianten von Soja beansprucht werden. Sie wurden ursprünglich in wilden Verwandten gefunden und sollen die Pflanzen resistent gegen einen Pilz machen.
„Die Politik muss diese Patente sofort stoppen. Ministerin Leonore Gewessler muss sich weiterhin gegen diese Patente einsetzen. Auch das österreichische Patentrecht muss wasserdicht gemacht werden, um ein Zeichen gegen diesen Missbrauch des Patentrechts zu setzen. Wir fordern eine Minister-Konferenz aller 38 Mitgliedsstaaten des EPA, um das Verbot von Patenten auf herkömmliche Züchtung endlich durchzusetzen“, fordert Dagmar Urban.
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