Nicht mehr abblocken, sondern gestalten
Beim Bundesbauernrat Ende Mai wird Georg Strasser wohl als Bauernbundpräsident wiedergewählt werden. Direktor soll NORBERT TOTSCHNIG bleiben. STEFAN NIMMERVOLL hat mit ihm über “neue Wege” am Beispiel der Schweinehaltung geredet.
Der Bauernbund hat im Vorfeld des Bundesbauernrates ein neues Logo und eine neue Homepage präsentiert und spricht von „neuen Wegen“. Woran wird man diese, abgesehen vom Außenauftritt, erkennen?
Beim Green Deals der Europäischen Kommission kommen Herausforderungen auf uns zu. Das sehen wir bereits bei der künftigen GAP, der Farm-to-Fork-, Biodiversitäts- oder bei der Forststrategie. Unser neuer Weg ist, dass wir nicht passiv abblocken, sondern die Themen aktiv angehen. Sonst werden sie von anderen gestaltet. Das wollen wir nicht.
Gibt es diesbezüglich denn Bereiche, bei denen es dabei Verbesserungen bei der zweiten Amtsperiode Strasser/Totschnig kommen muss?
Wir werden weiter mit zahlreichen Änderungen auf den Märkten konfrontiert sein. Gemeinsam mit den Verbänden wollen wir diskutieren, was wir dort besser machen können. Da ist unser Anspruch, immer dazu zu lernen.
Viele dieser Änderungen werden die Schweinebranche betreffen. Teilen Sie die Einschätzung, dass diese, was das Image betrifft, aktuell der Problemsektor Nummer Eins der heimischen Landwirtschaft ist?
Sie steht derzeit sicher am meisten im Fokus. Die Verantwortlichen wissen, dass man daran arbeiten und sich weiterentwickeln muss. Das ist völlig klar.
Wird die Haltung auf Vollspaltenböden also bald der Vergangenheit angehören?
Der Vollspaltenboden ist in einigen Ländern der EU mittlerweile verboten. In Österreich steigt der Druck immer mehr. Es muss also etwas passieren. Der Geschäftsführer des VLV, Johann Schlederer, rechnet damit, dass wir ihn in rund sieben Jahren nicht mehr haben werden. Wir wollen das aber nicht gesetzlich regeln, sondern die Branche dabei unterstützen, um sich selber so weiterzuentwickeln, dass am Ende der Vollspaltenboden nicht mehr gebraucht wird.
Ein großes Thema ist die Gentechnikfreiheit bei der Fütterung von AMA-Gütesiegel-Schweinen. Wie schnell wird denn die kommen?
Die Verbände und Erzeugerorganisationen entwickeln dafür gerade ein Konzept. Die Kernfrage ist, ob es gelingt, die zusätzlichen Kosten dafür am Markt zu realisieren. Die Mehrkosten kann der Bauer nicht allein stemmen, sondern nur mit Unterstützung des Handels, der Gastronomie, der öffentlichen Hand und des Konsumenten. Ob das in zwei oder drei Jahren der Fall ist, kann ich nicht sagen. Da wäre ich ein Prophet.
Im Nationalrat wurde darüber aber jetzt schon abgestimmt. Im Landwirtschaftsausschuss hat der Bauernbund sogar irrtümlich einem Antrag der Neos, der viel weitreichendere Einschränkungen als jener der Regierung vorsieht, zugestimmt. Setzt das die Branche unter Druck, noch schneller zu agieren?
Die Abstimmungspanne im Ausschuss war in Wahrheit kein Drama. Die Sache wurde im Plenum wieder korrigiert. Unser eigener Vorschlag, den wir gemeinsam mit den Grünen und den Freiheitlichen im Plenum bereits beschlossen haben, hat aber gewisse Irritationen erzeugt, weil man zuvor nicht mit allen Betroffenen reden konnte. Die Forderung nach einer gentechnikfreien Fütterung steht an sich aber im Regierungsprogramm. Wenn wir länger gewartet hätten, wäre das von allein und von außen gekommen. Deshalb wollten wir das selber aufgreifen und aktiv aufarbeiten.
Relevante Branchenvertreter haben sich lange mit Händen und Füßen gegen die gentechnikfreie Fütterung gewehrt. Hat man da nicht unnötig Zeit verschlafen, die man zum Aufbau eines Alleinstellungsmerkmals hätte nutzen können?
Vor zehn Jahren sah man offensichtlich noch keine realistische Perspektive für eine solche Umsetzung. Heute sind die Branchenvertreter selbst aktiv beim Erarbeiten von Lösungsvorschlägen dabei. Solche Schritte erfordern zunächst immer eine Bewusstseinsbildung bei allen Beteiligten. Etwas mit Gewalt durchdrücken, geht nicht.
Wie groß ist denn der regierungsinterne Druck, bei den genannten Themen etwas weiterzubringen?
Auch die Grünen wissen, dass mit Populismus alleine nichts geht. Sie haben Interesse, dass auch die Betroffenen mitgehen. Wie sich der neue Gesundheitsminister Mückstein positioniert, bleibt abzuwarten. Bei Rudolf Anschober haben wir gewusst, dass das für ihn ein sehr wichtiges Thema ist. Wir hoffen jedenfalls, dass die Stimmen der Fachleute im Gesundheitsministerium mit einem pragmatischen Zugang gehört werden.
Bei Themen wie der Herkunftskennzeichnung steht die Position der Grünen jener des Bauernbundes ja näher als die anderer ÖVP-Teilorganisationen. Sind Sie insgeheim manchmal froh darüber, dass von dort mit Nachdruck Forderungen kommen?
Wir brauchen im Bauernbund immer zunächst die Unterstützung der eigenen Partei und erst dann machen Verhandlungen mit dem Koalitionspartner Sinn. Wenn uns die Grünen bei einem Thema unterstützen, aber z.B. die Wirtschaft nicht mitgeht, kommen wir nicht weiter. Wichtig ist daher, was ausgemacht und außer Frage gestellt ist – das Regierungsprogramm. Hier ist die Herkunftskennzeichnung klar geregelt und muss so rasch wie möglich umgesetzt werden.
Kommentatoren teilen die ÖVP manchmal in die Türkisen in der Stadt und die Schwarzen am Land ein. Wie türkis ist denn der Bauernbund überhaupt?
Wir führen diese Diskussion nicht. Das sollen andere tun. Uns ist es wichtig, dass es der ÖVP gut geht, unsere Kandidaten in den Gremien vertreten sind und wir eine Parteispitze haben, mit der wir Dinge umsetzen können. Wir haben aber schon ein sehr starkes Eigenverständnis, eine lange Tradition und sind ein konstanter Faktor in der Partei.
Um Dinge umsetzen zu können, braucht es Koalitionspartner. Sie haben als Bauernbunddirektor rot, blau und grün erlebt. Mit wem war es einfacher?
Mit der FPÖ ist es jedenfalls wesentlich leichter gegangen als davor mit der SPÖ. Letztlich hat es aber wieder nicht funktioniert. Deshalb sind wir jetzt bei den Grünen. Zurückzuschauen bringt nichts. Wir müssen trachten, dass wir eine gute Arbeitsbasis haben und die Themen abarbeiten. Dafür gibt es bei den Grünen durchaus gute Ansprechpartner.
Ist ein fliegender Wechsel zu einem anderen Partner ein Thema?
Wir haben in den letzten Jahren gesehen, dass die Politik unglaublich dynamisch sein kann. Einen fliegenden Wechsel schließen aber alle Parteien aus. Wir beschäftigen uns im Bauernbund nicht mit Spekulationen, sondern mit den Dingen, die wir abarbeiten wollen.
Bitte trotzdem um eine Einschätzung: Werden wir bald Neuwahlen haben?
Das glaube ich nicht.
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