LFBÖ befürchtet Entlassungswelle
Rund 50 (!) Ackerbaubetrieben im Trockengebiet droht die Aufgabe ihrer Bewirtschaftung und eine Entlassungswelle für deren Mitarbeiter. Grund dafür ist die geplante Deckelung der Direktzahlungen ab 2023, ohne die Gehalts- und Lohnkosten zu berücksichtigen. Wegen der an sich schon geringen Wirtschaftlichkeit des Ackerbaus sind diese Gelder der Basiszahlung für die Betriebe überlebensnotwendig. Nach dem derzeitigen Kompromiss sollen sie für größere Ackerflächen nicht mehr ausgezahlt werden. Das dadurch eingesparte Geld soll auf alle Bauern umverteilt werden,sodass eine Umverteilungswirkung von durchschnittlich Euro 17,- pro Betrieb und Jahr entsteht.
Die Basiszahlung der EU soll auch der Einkommenssicherung dienen. Bei Betrieben mit Dienstnehmern steht sie auch den Mitarbeitern zu. Genau das wurde bisher durch die Berücksichtigung der Lohn- und Gehaltskosten erreicht. Nun wird durch die jüngste agrarpolitische Einigung diesen Mitarbeitern die Einkommenssicherung durch Agrarzahlungen genommen.
„Dass ausgerechnet Österreich, ein Land mit vergleichbar vielen kleinen Betrieben, als Einziger in Zentraleuropa eine Deckelung anwendet, ist ein Witz. Mit 17,- Euro pro Betrieb und Jahr kommt es wohl zu keinem Lenkungseffekt, dafür braucht man kein Wirtschaftsexperte zu sein“ ist Zeno Piatti-Fünfkirchen, Vizepräsident der Land&Forst Betriebe Österreich (LFBÖ), über den vorliegenden Kompromiss entsetzt. „Im Gegenzug werden genau jenen Betrieben die lebensnotwendigen Gelder massiv gekürzt, die sie für eine nachhaltige Getreideproduktion und eine möglichst ökologische Bewirtschaftung im Trockengebiet Österreichs zum Überleben brauchen. Hunderte Mitarbeiter bekommen so mit Weihnachten auch ihr Entlassungsschreiben für die Zukunft von der Regierung präsentiert“, analysiert der Agrarexperte.
Darüber hinaus denken Nachbarländer mit einer vielfach großflächigeren Agrarstruktur wie Deutschland, Tschechien oder Ungarn gar nicht daran, diese Betriebe zu beschneiden. Die Lage zeigt klar auf, dass die Verhandlungen rund um die GAP weit vom Weg der Sachlichkeit abgekommen sind und Symbolpolitik wichtiger geworden ist, als die Zukunft der Landwirtschaftsbetriebe. Neben ökonomischen und ökologischen Verlusten drohen mit dem Paket zusätzliche soziale Verwerfungen.
Mehrere hundert Mitarbeiter sind von dieser Reform direkt betroffen und alleine rund 150 Arbeitsplätze stehen bereits mit Anfang 2023 vor dem aus. Zusätzlich wird dies vor- und nachgelagerten Betrieben wie Handwerker, Werkstätten und sonstige Dienstleister im ländlichen Raum durch das Ausbleiben von Aufträgen stark zusetzen. Das sind Effekte, die gerade den von der Abwanderung geplagten ländlichen Raum zusätzlich schwächen werden, verschärft durch die Rahmenbedingungen der aktuellen Covid Pandemie.
„Die betroffene Gruppe von Landwirten und ihre Mitarbeiter wurden mit dem Beschluss der Verhandlungspartner in Geiselhaft genommen, da beide Parteien nicht von ihren ursprünglichen Forderungen abweichen wollten. Nach dem Motto „Wenn sich Zwei streiten, verliert ein Dritter“ will man diese Betriebe und ihre Mitarbeiter leichtfertig für einen symbolischen Kompromiss opfern, der noch dazu gegen die Empfehlungen der dafür eingesetzten Expertenkommission des BMLRT beschlossen wurde. Die Sachlage wurde bereits umgehend nach der Präsentation vergangene Woche deutlich aufgezeigt und ich fordere die Verhandlungspartner auf, diesen Punkt noch rechtzeitig zu bereinigen, bevor das Paket zur Freigabe nach Brüssel geschickt wird“, spricht Felix Montecuccoli, Präsident der LFBÖ klare Worte in Richtung einer notwendigen Arbeitsplatzsicherung. Fachlich bedarf es dafür – wie bereits in der bisherigen Periode – einer Anrechenbarkeit der Lohn- und Gehaltskosten bei der Deckelung von Direktzahlungen. Damit könnten die betroffenen Betriebe ihre Arbeitsplätze garantieren und im Sinne der so dringend notwendigen Lebensmittelversorgungssicherheit weiter wirtschaften. Anderenfalls müssen sich die Regierungsparteien bewusst sein, dass sie wegen eines internen Scharmützels unzählige Betriebe und Arbeitsplätze in einer Region zerstört haben, die ohnehin mit zunehmender Trockenheit durch den Klimawandel in Bedrängnis gerät.
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