GMEINER MEINT
Stille Helden, unbedankte Helden?
„Die Bauern sind die stillen Helden der Corona-Krise“, heißt es in diesen Wochen. Und „Die Eigenversorgung mit Lebensmitteln ist wichtiger denn je.“ Oder „Wir sichern die Lebensmittelversorgung! In guten wie in schlechten Zeiten! Verlass dich drauf!“
Das alles ist richtig, und es ist nachvollziehbar, dass die Bauern und ihre Vertreter, seit Corona auch in Österreich im Griff hat, alles daran setzen, um ihre Bedeutung für die Gesellschaft und ihre Leistungen zu betonen. Aus verständlichen Gründen, fühlten sie sich doch gerade in den vergangenen Jahren viel zu gering geschätzt.
Inzwischen stecken aber auch die Bauern in Problemen. Denn die Corona-Krise ist längst auch auf den Feldern und in den Ställen angekommen. Neben Sätzen wie „Corona zeigt, wie wertvoll eine weitgehende Selbstversorgung bei Lebensmitteln ist“ heißt es mit einem Mal auch „Wir wollen unsere Lebensmittel nicht verfaulen lassen! Wer hilft uns bei der Ernte?“
In der Öffentlichkeit ist die Eigenversorgung Österreichs das große Thema. Davon, was Corona für die Bauern wirtschaftlich bedeutet, ist aber keine Rede. Dabei ist der Druck schon jetzt enorm. Auch wenn es inzwischen Härtefallregelungen und Hilfsaktionen gibt.
Tausende Gemüsebauern wissen nicht, wie sie heuer über die Pflanzzeit und die Erntezeit kommen, weil die Saisonarbeitskräfte fehlen. Manche Molkerei geht bereits in Milch über, weil die Abnehmer weggebrochen sind. In der Fleischwirtschaft fehlen die Arbeiter aus dem Ausland und über kurz oder lang werden die Bauern ihr Vieh nicht mehr aus den Ställen bringen. Man kann auch nicht mehr exportieren. Bei Holz sorgen Importe immer noch für Druck. Direktvermarkter, die sich auf die Gastronomie und den Tourismus spezialisiert haben, hängen in der Luft. Und selbst im Ackerbau ist schwer vorherzusagen, wie sich die Preise für die Früchte wirklich entwickeln werden. Das wird Spuren hinterlassen. Ganz abgesehen davon, dass nicht anzunehmen ist, dass ausgerechnet Menschen, die arbeitslos sind und die um ihre Zukunft bangen, nicht zu Billig-Lebensmitteln greifen, auch wenn sie gerne anderes tun würden.
Da kommen wohl noch jede Menge Probleme auf die Landwirtschaft zu, von denen derzeit noch niemand so recht reden mag. Genauso wenig wie in der derzeitigen Diskussion niemand darüber reden mag (und wohl auch nicht kann), was das alles für die EU-Agrarreform bedeuten wird. Und vor allem für deren Umsetzung in Österreich. Man würde sich wohl das Falsche vormachen, sich darauf zu verlassen, dass angesichts der dutzenden Milliarden, die nun aufgewendet werden müssen, um das Land wirtschaftlich über die Runden zu bringen, das Versprechen aufrecht zu erhalten ist, allfällige Kürzungen von Agrargeldern in Brüssel in Österreich auszugleichen.
Auch die Bauern werden Opfer bringen müssen und ihren Beitrag zur finanziellen Bewältigung der Krise zu tragen haben. Da wird wohl selbst nicht nutzen, dass man den Wert der heimischen Landwirtschaft nach der Corona-Krise anders sieht als davor.
Milch und Honig werden sicher nicht fließen. Und vorstellbar ist, dass der junge Landwirt nicht allein bleiben wird, der schon dieser Tage fragte: „Und wer sagt Danke zu den Bauern?“
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