Arche Noah fordert bürgernahes Saatgutrecht
Gestern endete die EU-weite öffentliche Konsultation für ein neues europäisches Saatgutrecht. Die laufende Reform-Debatte wird entscheiden, ob zukünftig das nötige Saatgut für eine Transformation der Landwirtschaft verfügbar sein wird. „Nachhaltige Ernährungssicherheit braucht eine nachhaltige Landwirtschaft. Ein modernes Saatgutrecht muss den Kampf gegen Klimakrise und Vielfaltsverlust unterstützen“, betont Dagmar Urban, Leiterin des Bereichs Politik bei ARCHE NOAH. „Nur ein Saatgutrecht, das die Vielfalt fördert, hilft uns, besser mit Wetterextremen zurechtzukommen, umweltfreundlicher zu wirtschaften und gesünder zu essen.“
Derzeit seien die Regeln für standardisiertes Industrie-Saatgut maßgeschneidert – ganz im Sinne der marktdominierenden Agrarchemie-Konzerne. Vielfalt auf den Äckern werde vom Saatgutrecht hingegen drastisch eingeschränkt. Lokales, anpassungsfähiges Saatgut wird in kleine Nischen gesperrt – mit bürokratischen Hürden sowie Beschränkungen auf kleine Mengen, winzige Packungsgrößen und Ursprungsregionen. Laut der Welternährungsorganisation FAO sind seit 1990 bereits 75 Prozent der pflanzengenetischen Ressourcen verloren gegangen. „Das Saatgutrecht ist mitverantwortlich für einen enormen Verlust biologischer Vielfalt und lässt Bäuer:innen bei der Anpassung an die Klimakrise im Stich“, betont Dagmar Urban von Arche Noah.
„Wir rufen die EU-Kommission auf, sich in der Saatgutrechts-Reform um das Wohl der Bürger:innen zu kümmern, anstatt um die Einzelinteressen der Agrar-Industrie“, so Dagmar Urban. Denn im schlimmsten Fall wird vieles zerstört: Eine der drei von der EU-Kommission präsentierten Reform-Optionen ignoriert sogar das Recht auf freien Tausch von Saatgut. Laut Völkerrecht besteht jedoch seit 2018 ausdrücklich ein Recht darauf, eigenes Saatgut zu verwenden, auszutauschen und zu verkaufen. Darüber hinaus sieht diese Option vor, den Verkauf von vielfältigem, regionalem Saatgut sogar zu verbieten. „Für ARCHE NOAH würde das bedeuten, dass wir von 206 Pflanzensorten, die wir derzeit zum Verkauf anbieten, nur mehr sechs weitergeben dürften“, macht Dagmar Urban die konkreten Auswirkungen deutlich. Nach der Analyse der Rückmeldungen will die EU-Kommission im Dezember einen Gesetzesentwurf vorlegen, der anschließend von EU-Rat und EU-Parlament diskutiert wird.
„Es ist höchste Zeit, die Vielfalt aus ihren bürokratischen Fesseln zu befreien! Wir fordern ein Ende der Überregulierung von Erhaltungsarbeit und Hobbygärten, gleichberechtigten Marktzugang für vielfältiges und regional angepasstes Saatgut sowie ein garantiertes Recht, Saatgut zu erhalten, zu tauschen und zu verkaufen“, so Dagmar Urban.
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