GMEINER MEINT

Bauern in den Fängen der Dreistigkeit
Zuerst war es Edeka mit dem Slo­gan „Essen hat einen Preis verdient – den niedrigsten“, der die deutschen Bauern auf die Barrikaden trieb. Jetzt ist es Billa in Österreich. „Wenigstens die Preise sind immer unten“ ist derzeit in ganz Österreich plakatiert. Die Bauern reagieren wütend und bitter. „Kürzlich hat sich Billa noch dafür feiern lassen, dass man zu 100 Prozent auf
Frischfleisch aus Österreich setzt“.
Die Dreistigkeit des Handels scheint kein Ende zu nehmen. Dazu passen auch die Klagen über die Überheblichkeit, das Unverständnis und die Sturheit vor allem des größten heimischen Handelskonzerns mit Sitz in Salzburg rund um die von Bauern und Molkereien geforderte Anhebung der Preise für Molkereiprodukte. Da verwundert nicht, dass Sätze des Chefs ebendieses Unternehmens in einem Interview mit den „Salzburger Nachrichten“ wie Hohn empfunden werden, „Ich kenne kein anderes Land auf der Welt, in dem sich der Lebensmittelhandel mit der Landwirtschaft derart stark verbindet wie in Österreich“. Dünnhäutig beklagt er sich dort über „populistisches Handels-Ba­shing“ von „hohen Agrarpolitikern“ und will Lob dafür, dass man Eier und Milch „bis zu einem Drittel“ aus dem Ausland beziehen könnte, das aber nicht tue.
Freilich, die Bauern müssen dem Handel auch dankbar sein. Und freilich, sie produzieren zu viel und schwächen damit ihre Position auf dem Markt. Aber dennoch ist es, als wolle man die Landwirtschaft vorsätzlich provozieren. Ernst nimmt man sie offenbar nicht. Spar, Billa, Hofer und Co können sich freilich dennoch des Beifalls weiter Kreise vor allem der städtischen, intellektuellen Gesellschaft sicher sein. Dort glaubt man unerschütterlich an das vom Handel mit zig Millionen erzeugte Bild, dass man sich für Umwelt und Klima engagiere und an die vom sprechenden Schweinderl erklärte Landwirtschaft, während sich die Bauern im richtigen Leben ducken müssen und scheel angesehen werden.
Es ist in der Tat unerträglich, was sich der Handel herausnimmt. Dass bei den Bauern der Unmut wieder wächst, ist nachvollziehbar. Man setzte lange auf Gespräche und darauf, dass die Argumente gehört werden. Dann fuhren aber auch die Bauernbündler demonstrieren.
Was noch kommt und was es bewirken wird, ist noch nicht abzuschätzen. Klar ist längst, dass die Bauern ein massives Problem mit dem Handel haben und dass es ihre Vertretung nicht in den Griff bekommt. Das Verhältnis bleibt verkorkst. All die Gespräche und Versprechungen der vergangenen Jahre waren das Papier kaum wert, auf dem sie geschrieben wurden. Sie nutzten beiden Seiten allenfalls dazu, ihr Image aufzupolieren, weil sie – wie die Bauernvertreter – Engagement und Bemühung zeigten, oder – wie der Handel – guten Willen und sie da und dort gönnerhaft ein paar Cent ausließen, für die sie gelobt werden wollten.
Nachhaltig und von Dauer war nichts davon. Und genau das ist das Problem der Bauern. Sie wollen Wertschätzung. Und sie wollen keine Show, sondern zählbare Veränderungen, auf die sie bauen und auf die sie sich verlassen können.
Es steht freilich zu befürchten, dass es auch diesmal dazu nicht kommen wird. Auch nicht, wenn man mit Traktoren auffährt.

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