NIEDERÖSTERREICH IM FOKUS

Versorgung stärken statt verkaufen

Seit zwei Jahren ist das Thema Versorgungssicherheit (endlich) überall angekommen. Stockende Lieferketten, leere Supermarktregale, Hamsterkäufe und alarmierende Medienberichte aus der ganzen Welt lenken den Fokus auch auf diejenigen, die immer produzieren und die immer da sind. Nämlich auf die Bäuerinnen und Bauern, die die Versorgung mit Lebensmitteln garantieren. Vorausgesetzt, man lässt sie.
Ein positives Signal geht jetzt von der Firma Waldland im Waldviertel aus. Der Kräuter- und Saatenhersteller hat mittlerweile insgesamt 1.000 bäuerliche Betriebe unter Vertrag und beschäftigt sich auch seit über 30 Jahren in den Ölmühlen Oberwaltenreith und Kautzen mit der Produktion von Pflanzenölen. Durch die Erweiterung der Mühle und Inbetriebnahme der Kaltpressanlage verdreifachte sich die Produktionsleistung am Standort Kautzen von vormals 2.500 Tonnen auf 7.000 Tonnen Speiseöl pro Jahr. Damit wurde das Segment der Qualitätsöle stark ausgebaut und auch die Anbauverträge mit den Betrieben aus der Region stark ausgeweitet. Auch die regionale Wertschöpfung wird gesteigert und die Umweltbelastung verringert. Gesamtheitlich betrachtet sichert Waldland dadurch einen Teil des österreichischen Ölsaatenanbaus und trägt zur inländischen Versorgungssicherheit von Speiseölen bei. Bis dato wurde der inländische Bedarf über Importe gedeckt. Alleine 30 Prozent der EU-Importe von Rapsöl kommen aus der Ukraine. Seit dort aber Krieg herrscht, ist die Versorgungslage bekannterweise unsicherer geworden. Und auch der Presskuchen wird als Kraftfutter für Schweine und Kühe in der Region genutzt bzw. sogar als Nahrungsergänzungsmittel im Pharmabereich immer beliebter. Krieg und Pandemie haben uns vor Augen geführt, wie abhängig wir von Importen geworden sind. Die neue Ölmühle ist darauf eine europaweit kleine, aber für Österreich wichtige Antwort.
Umso unverständlicher ist hingegen, dass der heimische Chemie­riese Borealis seine Düngemittel- und Melaminsparte an den tschechischen Agrofert-Konzern verkaufen möchte. Vorbehaltlich bestimmter Vollzugsbedingungen und behördlicher Genehmigungen wird die Transaktion der OMV-Tochter noch im heurigen Jahr erwartet. Noch im März wurde ein geplanter Verkauf an einen russischen Oligarchen in letzter Minute abgeblasen. Der nun vorgesehene Verkauf an einen tschechischen Oligarchen macht den Deal und vor allem die Lage der Inlandsversorgung nicht besser. Die heimische Lebensmittelproduktion und unsere Bäuerinnen und Bauern sind auf Düngemittel angewiesen – wieso wird dieses strategisch so wichtige Instrument einfach aus der Hand gegeben? Denn laut eigenen Homepage-Angaben von Borealis nimmt der Konzern mit einem Verkaufsvolumen von fünf Millionen Tonnen die führende Position im Düngemittelvertrieb in Europa ein. Man fragt sich: Wo bleibt da die Verantwortung? Alle reden von Versorgungssicherheit, und dann verkauft ein teilstaatliches Unternehmen – ohne jedwede Not – die strategisch für die Eigenversorgung so wichtige Düngemittelsparte! Bei allem Verständnis für wirtschaftliche Überlegungen: Krisensicherheit sollte gerade angesichts der aktuellen Lage in Europa vor Profitmaximierung gehen.

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