IBMA sieht in EU-SUR einen Turbo
„Unsere Mitgliedsbetriebe – kleine und mittelständische Unternehmen – investieren in die Forschung, Produktion und den Vertrieb neuer Wirkstoffe. Mittlerweile werden in der EU etwa genauso viele biologische wie chemisch-synthetische Wirkstoffe genehmigt, und das Potential an biologischen Wirkstoffen ist noch lange nicht ausgeschöpft. Unsere Mitgliedsbetriebe haben rund 140 neue Produkte in der EU-Zulassung, 120 Wirkstoffe sind in der Pipeline und 66 neue Wirkstoffe sind im EU-Genehmigungsverfahren “ sagt Brigitte Kranz, Geschäftsführerin des Dachverbands der Bio-Pflanzenschutzmittelhersteller (IBMA International Biocontrol Manufacturers Association, Landesgruppe Deutschland/Österreich).
Geht es nach der EU, sollen mit der Verordnung zur nachhaltigen Verwendung von Pestiziden (SUR), der Einsatz und das Risiko chemischer Pflanzenschutzmittel bis 2030 um 50% verringert und der Ökoanbau auf 25% aller Flächen ausgeweitet werden. Die EU leitet damit den Übergang zu einer nachhaltigeren Landwirtschaft ein. Eine wichtige Maßnahme ist dabei der Einsatz von biologischen Pflanzenschutzmitteln. Sie erweitern den Werkzeugkasten der Bauern, denen wegen strengerer Auflagen und zunehmender Resistenzen von Schädlingen chemisch-synthetische Pestizide zunehmend verloren gehen. Der “McKinsey Report on the agricultural transition“ betont den Wert von biologischem Pflanzenschutz für die Erreichung von Klimazielen im landwirtschaftlichen Sektor. Von 28 betrieblichen Maßnahmen zur Treibhausgasminderung wird der Einsatz biologischer Mittel als zweitwirksamste Maßnahme zur Dekarbonisierung der Landwirtschaft genannt, die zudem auch die biologische Vielfalt unterstützen.
In Kulturen wie Obst-, Wein- und Gemüseanbau, wo die integrierte Produktion etabliert ist, sind weltweit rund 18% der eingesetzten PSM biologisch. Im globalen Pflanzenschutz-Markt erreichen sie einen Anteil von 5,2 %, die Tendenz ist stark steigend. Bei den Ackerkulturen dominieren hingegen immer noch chemische Anwendungen, doch auch hier kommen zunehmend biologische Lösungen auf den Markt. Entsprechend liegen die jährlichen Wachstumsraten der Bio-PSM-Branche bei rund 12%. Das größte wirtschaftliche Potential besitzt dabei der Einsatz von Mikroorganismen, vor Naturstoffen, Pheromonen und Nützlingen.
Der größte Markt für Bio-Pflanzenschutz sind die USA (ca. 33%), gefolgt von der EU (ca. 25%). Die höchsten Wachstumsraten verzeichnet man allerdings in Lateinamerika. In Brasilien boomt der Einsatz von Bio-PSM. Vor allem die Verwendung im Ackerbau treibt das rasante Wachstum an. Der Hintergrund ist, dass Brasilien die Zulassungsverfahren für biologische Mittel deutlich beschleunigt hat. Sie dauern rund 1-2 Jahre. In der EU bremsen langwierigen Zulassungsverfahren mit einer Dauer von 6 bis 8 Jahre das dynamische Wachstum bislang allerdings aus.Von der geplanten SUR Verordnung, erwartet sich der Verband einen wesentlichen Innovations- und Wachstumsschub. Dass sich einige Mitgliedsländer Sorgen wegen der geplanten Reduktion von chemisch synthetischen Pestiziden machen, ist für den Verband nicht ganz nachvollziehbar, letztlich profitieren alle von einer nachhaltigeren Produktion, der Landwirt von gesunden Böden, der Konsumenten von rückstandsarmen Lebensmitteln, die Biodiversität und die Trinkwasseraufbereitung. Auch das Argument, wonach eine Pestizidreduktion die Lebensmittel-Versorgungssicherheit gefährden würde, lässt Kranz nicht gelten: „Gerade die integrierte (Lebensmittel-) Produktion erhält die Leistungsfähigkeit von Böden und Landwirtschaft langfristig.“ Freilich müssen dann flankierende Maßnahmen gesetzt werden: Forschung- und Entwicklung müssen gefördert, die Beratung für biologische PSM gestärkt und ihre Zulassungsverfahren beschleunigt werden. Der IBMA hofft deshalb auf eine positive Entscheidung des EU-Parlaments, das nächste Woche ab 22.11. über den Gesetzesentwurf zur SUR abstimmt.
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