Wurst stößt Käse vom Thron
Traditionell im Umfeld der Grünen Woche in Berlin präsentierte die AMA-Marketing ihre Exportzahlen. Deutschland nimmt dabei weiter an Bedeutung zu.
Als „stabilen Anker“ bezeichnete die Geschäftsführerin der AMA-Marketing, Christina Mutenthaler-Sipek den Agrarexport. Immerhin ist sein Anteil an den Gesamtexporten Österreichs seit dem EU-Beitritt 1995 kontinuierlich von 4,2 auf 8,8 Prozent gestiegen. Heimische Lebensmittelerzeugnisse und damit auch Produkte der heimischen Bauern sind aus dem Gesamtkontext der exportorientierten heimischen Wirtschaft somit nicht wegzudenken. Wichtigster Handelspartner ist dabei die Bundesrepublik Deutschland, deren Anteil stetig wächst und mittlerweile gegen 40 Prozent geht. Dementsprechend wichtig ist es, sich den Anforderungen der abnehmenden Hand anzupassen, wie die von manchen als überfallsartig empfundene Umsetzung des Tierwohl Plus-Zusatzmoduls zum AMA-Gütesiegel gezeigt hat. Mutenthaler-Sipek berichtete von einer Teilnahmerate von 80 Prozent, was einen noch höheren Anteil an der Milchmenge abbilden würde.
Insgesamt wurde nach vorläufigen Ergebnissen der Statistik Austria ein Gesamtwert der agrarischen Exporte von 12,65 Milliarden Euro im Zeitraum von Jänner bis September 2024 erreicht. Das entspricht einem Mini-Plus von 0,4 Prozent. Da die Exportmenge allerdings um sieben Prozent gesteigert werden konnte, resultiert daraus ein Rückgang der erzielten Preise. „Der Eigenmarkenanteil steigt in Deutschland genauso wie in Österreich“, analysierte Mutenthaler-Sipek. Zudem sind die Preise mit dem Ende der hohen Inflation im Lebensmittel-Bereich zurückgegangen. Das Bild stark gestiegener Mengen bei gleichzeitig moderat gestiegenen Umsätzen, zieht sich dabei durch die meisten Produktgruppen. Gewaltig ist der Zuwachs bei Fleisch und dessen Zubereitungen, zum Beispiel um 122 Prozent bei Schweinefleisch. „Aufgrund des kontinuierlichen Rückgangs an Tierbeständen und Schlachtungen gab es regional Versorgungsengpässe und Rohstoffknappheit, die durch Importe, unter anderem aus Österreich ausgeglichen wurde“, so die AMA-Marketing. Als Folge haben die Fleischzubereitungen den Käse von dessen lange innegehaltenen Thron als Exportkaiser gestoßen. Bemerkenswert ist auch, dass die Exporte in die Vereinigten Staaten von Amerika um ein Drittel zurückgegangen sind. Das, weil Red Bull neuerdings direkt in den USA abfüllt und nicht mehr österreichische Dosen exportiert.
Wo Waren ausgeführt werden, müssen natürlich auch welche hereinkommen dürfen. Der Wert des Imports agrarischer Erzeugnisse stieg im genannten Zeitraum um 7,9 Prozent auf 13,89 Milliarden Euro, die Menge um 10,8 Prozent. Traditionell ist das Außenhandelssaldo damit negativ. Trotz der gedämpften Preise müsse Österreich bei seinem Export weiterhin auf die gewohnt hohe Güte setzen, unterstrich Mutenthaler-Sipek: „Unsere Qualitätsprodukte sind nachgefragt. Diesen Standard müssen wir halten, um uns zu unterscheiden.“ Dafür müsse man sich dementsprechend anstrengen und auch auf Nischen setzen. Die AMA-Marketing-Chefin verwies dabei auf eine Kooperation mit Frankreich, um hochpreisigen Bergkäse in Kanada zu verkaufen, oder auf den Absatz von Kefir in Italien. Die Geschäftsführerin des Fachverbands der Nahrungs- und Genussmittelindustrie, Katharina Koßdorff, warnte allerdings davor, dass sich die Lebensmittelindustrie in einer Phase der Stagnation befinden würde. „Die Kosten für Arbeit und Energie sind die Treiber, die uns Wettbewerbsfähigkeit wegnehmen. In den USA ist Energie fünfmal billiger, die Abschlüsse bei den Löhnen sind deutlich unter unseren gelegen.“ Generell sei der Sektor aber langfristig krisensicher: „Essen und Trinken müssen die Leute auch in der Krise.“
STEFAN NIMMERVOLL
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