Warum verfüttern wir unser Soja nicht selbst?

Bis 2030 soll der Import von Soja aus Übersee nach Österreich um die Hälfte reduziert werden. Donau Soja-Obmann MATTHIAS KRÖN glaubt, dass es dafür mehr Ambition brauchen wird.

Das Bundesministerium für Landwirtschaft, Regionen und Tourismus hat vor kurzem die österreichische Eiweißstrategie vorgestellt. Wie zufrieden sind Sie damit?

Ich bin froh, dass wir endlich ein Papier haben, das zumindest einen Teil der Komplexität des Themas widerspiegelt. Es geht bei einer Eiweißstrategie nämlich nicht nur um Soja, sondern auch um Grünland, andere alternative Pflanzen und den effizienteren Einsatz von Eiweiß im Futter. Unsere Tiere nehmen ein Drittel zu viel Protein zu sich. Es ist ähnlich wie bei der Energiewende: Die Eiweißwende ist komplex.

Ist damit das Ziel, den Import von Soja aus Übersee bis 2030 um die Hälfte zu reduzieren, erreichbar?

Dass die Maßnahmen ausreichen, bezweifle ich. Die Reduktion braucht mutige Marktstrategien, die erst zum Teil sichtbar werden. Der größte Hebel ist, dass immer mehr Menschen weniger Fleisch essen. Darauf muss man eingehen und die Chancen, die mit neuen Produkten einhergehen, nutzen.

Zu Beginn der Entwicklung hat sich vor allem die Schweinebranche massiv gegen die gentechnikfreie Fütterung gewehrt. Verspüren Sie Genugtuung, dass diese nun auch offizielle Linie ist?

Manche Äußerungen waren sehr retro. Die Gesellschaft ist inzwischen weiter. Ich sehe mit Sorge, dass wir in Österreich bei Schweinefleisch nicht mehr Vorreiter in Europa sind und damit zwar die Probleme der Umstellung weiter haben, aber nicht so von ihr profitieren wie die Pioniere. Unsere ungarischen Mitglieder exportieren mittlerweile erfolgreich gentechnikfreies Schweinefleisch nach Japan. Mich stört, dass unsere Donau Soja-Bohnen nach Norwegen gehen, statt in Österreich im Trog zu landen. Mich stört, dass Kärntner Soja nach Italien exportiert wird und stattdessen gentechnikverändertes Soja aus Übersee als Futter importiert wird. Mich stört, dass in Baden-Württemberg ganze Regional-Programme umgestellt und bei uns nur zaghafte Schritte unternommen werden.

Hätte es also gleich eine bundesweite Branchenlösung gebraucht?

Die Frage ist, ob es genug ist, gentechnikfrei gefüttertes Schweinefleisch aus besserer Haltung neben herkömmlichem, das ebenfalls das AMA-Gütesiegel hat, ins Regal zu stellen. Reicht das aus, um wirklich eine Million Schweine pro Jahr zu verkaufen? Und reicht es aus eine Million umzustellen? Was ist mit den restlichen drei bis vier Millionen? In Bereichen wie den Legehennen oder bei der Milch haben Branchenlösungen jedenfalls sehr gut funktioniert.

Ist die Verbindung von mehr Tierwohl und regionalem Futter in einem AMA-Gütesiegelmodul sinnvoll?

Ja, absolut. Es geht ja um ein neues, besseres Schweinefleisch für Österreich. In Deutschland wollen große Handelsketten wie Aldi generell auf höhere Tierwohlstandards inklusive gentechnikfreier Fütterung umstellen. Ich bin überzeugt davon, dass wir schon vor 2030 Schweinefleisch vom Vollspaltenboden aus den Regalen verbannen werden. Die Module geben zumindest die Möglichkeit, das abzubilden.

Reicht die zusätzliche Prämie aus, um den Umstieg für die Bauern attraktiv zu machen?

Das wird sehr stark von den Futtermittelkosten abhängen. Wahrscheinlich werden wir da eine Art Index brauchen. Donau Soja bietet seit vielen Jahren einen unabhängig in Deutschland erstellten Index an.

Anbauer und Veredler müssen demnach direkter zusammenarbeiten.

Überall dort, wo man hofeigenes Futter verarbeitet oder regional zusammenarbeitet, ist es einfacher. Da ist der Weltmarktpreis egal. Letztlich sind hohe Futterkosten auch ein Weg, um Druck bei der Reduktion des Einsatzes von Eiweiß zu erzeugen und andere regionale Alternativen wie Ackerbohnen attraktiv zu machen.

Wenn der Anbau von Soja preislich attraktiver wird, hat das auch ackerbauliche Auswirkungen?

Ich erwarte mir generell eine buntere Feldlandschaft, nicht nur mehr Sojabohnen. Zuckerrübe und Raps sind vor allem deshalb unter Druck geraten, weil beim Pflanzenschutz Wirkstoffe fehlen. Wenn bestimmte Substanzen aus ökologischen Gründen nicht mehr so zur Verfügung stehen, brauchen wir mehr Glieder in den Fruchtfolgen. Das wird auch auf Kosten der Hauptkulturen wie Mais und Weizen gehen. Wenn wir weniger Fleisch essen – wie es alle Prognosen erwarten – brauchen wir weniger Tiere und weniger Futter und können uns eine Deintensivierung leisten.

Österreich ist insgesamt am Markt relativ unbedeutend. Geht es sich auch aus, dass Schweinehochburgen wie Dänemark, Deutschland, Holland oder Spanien auf europäische Sojabohnen umsteigen?

Man darf das nicht statisch sehen. Die Boston Consulting Group sagt voraus, dass in 20 Jahren weltweit um 60 Prozent weniger Fleisch konsumiert werden wird. Zugleich findet eine Umschichtung von Schwein auf Huhn statt. Der Futterbedarf wird also stark sinken.

Die Umstellung wird also auch dort kommen?

Eine Branche, die so stark schrumpft, muss sehr stark interessiert sein, ihre Preise zu erhöhen, damit ihre Umsätze nicht in den Keller gehen. Das lässt sich nur über mehr Tierwohl und besseres Futter argumentieren.

Matthias Krön ist seit 2012 Obmann des Vereins Donau Soja, der sich um die Forcierung des Anbaus und der Verwendung von regionalem Eiweiß bemüht. Zuvor war er bei der Molkerei Oberwart tätig und baute die Mona Naturprodukte als Tochterunternehmen für pflanzliche Lebensmittel auf.

Interview: STEFAN NIMMERVOLL

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