GMEINER MEINT

Einseitige Verpflichtungslage zu Lasten der Bauern
Die Bauern stöhnen unter Auflagen und Vorschriften. Das dürfen sie nicht tun und jenes ist verboten. In der Tierhaltung, im Pflanzenschutz, in der Düngung. Den Tieren zuliebe, der Umwelt zuliebe und den Böden, den Vogerln, den Schmetterlingen und den Bienen auch. Und natürlich auch der guten Luft. Das ist ja gut und schön und in vielen Fällen ist es gerechtfertigt und nötig. Und die Bauern haben auch Verständnis dafür.
Wo sich die Bauern aber schwertun Verständnis aufzubringen, ist, dass ihnen in der viel beschworenen Nahrungsmittelkette allein die Verantwortung für den Schutz von Umwelt und Tieren aufgehalst wird. Dass sie die Einzigen in dem Spiel sind, die Verpflichtungen unterliegen und denen Vorschriften gemacht werden, während der Handel, die Industrie und die Konsumenten weiterhin alle Freiheiten haben und zu kaum etwas verpflichtet sind. Wird ihnen etwas zu teuer und passt ihnen sonst etwas nicht in den Kram, haben sie immer die Möglichkeit auszuweichen und die Sachen in aller Welt einzukaufen. Da gelten dann die Sorgen um die Luft und die Böden, um die Bienen, die Käfer und die Vögel nicht. Da sind auch die Bedenken wegen Tierschutz, Düngung und Pflanzenschutz vergessen. Und keine Rede ist dann von einer Verantwortung für Umwelt und Tierschutz – ganz so als ob die jenseits der Grenzen Österreichs enden.
Warum aber werden die nicht auch in die Pflicht genommen, ist zu fragen: der Handel, die Industrie und die Konsumenten vor allem. Wenn man meint, den Bauern in der Lebensmittelproduktion allerhand vorschreiben zu müssen, um die Umwelt zu retten und die Tiere zu schützen, dann wäre es doch nur logisch und gerecht, auch von allen anderen, die in diesem Land leben, zu verlangen, nur Lebensmittel zu verwenden und zu verkaufen, die jenen Vorschriften entsprechen, die hierzulande den Bauern abverlangt werden. Warum wird von denen nicht, wie von den Landwirten, auch verlangt, auf die Folgen für die Umwelt und die Tiere zu schauen? In dem Fall eben über Angebot und Auswahl der Nahrungsmittel.
Es schaut freilich nicht so aus, als dass sich da bald etwas ändern wird. Die Absichten der EU mit den geplanten Kürzungen bei Düngung und Pflanzenschutz lassen nichts in diese Richtung erkennen. Versorgungssicherheit hin, Autarkie her. Und obwohl für Ackerbau und wohl auch für andere Sparten die Luft eher dünn werden wird. Man denke nur an die Wünsche und Forderungen, denen sich Tierhalter gegenübersehen.
Unverdrossen werden die Bauern von einer Gesellschaft in die Zange genommen, der es nicht mehr um eine gerechte Aufteilung der Herausforderungen geht, denen wir alle gegenüberstehen, sondern die sich immer dreister in einer Selbstherrlichkeit ergeht, in der die eigene Verantwortung keinerlei Rolle zu spielen scheint.
Über all das kann auch der Jubel über das zusätzliche Geld nicht hinwegtäuschen, das das Corona-Paket der EU für die Agrarreform bringt. Es gibt zwar Absichten, über Klimazölle und Ähnliches die europäische Landwirtschaft mehr zu schützen. Aber es gibt keine Absichten, das Missverhältnis in der Verantwortung zu hinterfragen.
Da sei die Selbstgerechtigkeit der Gesellschaft davor.

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